Der Gesamtaltar
1950 beginnt Otto Flath mit seinem Werk " Offenbarungsaltar".
Ca 1950 bekommt OTTO FLATH einige Lindenstämme. Sie stammen von einer Baumallee und konnten vor dem Verheizen bewahrt werden. Er beginnt mit dem Schaffen des Offenbarungsaltars. Otto Flath hat in seinem Leben immer wieder erfahren müssen, wie alles im Leben der Vergänglichkeit unterworfen ist. Im Gegensatz dazu tragen die Worte der Offenbarung den Charakter der Ewigkeit in sich. Flaths tiefer Glaube verhalf ihm dieses Werk zu schaffen, nicht um sich von der Schwere der Gegenwart auffressen zu lassen, sondern um mit Hoffnung die Heilung Gottes zu erwarten.
Wann Propst Steffen von diesem Altar erfahren hat, ist nicht dokumentiert. Als der Altar im April 1950 fertig ist, fährt Steffen nach Bad Segeberg und ist bald entschlossen, nach einem Spender zu suchen. Es gibt großen Widerstand diesen Altar aufzustellen.
Die Wende bringt ein Anruf zum Geburtstag von Propst Steffen. Eine Fabrikantenfamilie aus Neumünster ist bereit den Altar zu stiften. Erfreut teilt er dies dem Kirchenamt mit, denn dort hat der Vorsitzende des landskirchlichen Bauausschusses davor gewarnt, so viel Geld in die Hand zu nehmen.
Als dieser Ausschuss eine Ortsbesichtigung in Neumünster vornehmen will, hat Steffen es in der Nacht zuvor geschafft, den Altar hier aufzustellen, obwohl der Innenausbau der Kirche noch nicht abgeschlossen war. Die Kieler können nun nichts mehr ändern.
Der Flathaltar beherrscht den Raum. Er steht frei auf einer zwei Meter hohen, geputzten Mauer, die etwa ein Meter von der Wand abgerückt ist. Er erinnert an die Schrecken des Krieges, unter denen der aus dem Baltikum stammende Flath auch zu leiden hatte.
Sein Thema: die Apokalypse des Johannes, das letzte Buch der Bibel.
Der Seher Johannes sieht in den offenen Himmel, hört die Stimme Gottes, „Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, spricht der Herr, der da ist, der da war und der da kommt, der Allmächtige.“
Otto Flath glaubte daran, das alles Weltliche dem Zerfall unterliegt, aber in der Offenbarung sieht er das Zeugnis der Macht Gottes, die allein in der Lage ist, den gottfernen Menschen aus seiner selbstgenügsamen und von seinem Schöpfer getrennten Lebenssituation zu retten.
In der Offenbarung lesen wir:
Ich, Johannes, wurde vom Geist ergriffen am Tag des Herrn und hörte hinter mir eine große Stimme, die sprach: Was du siehst, das schreibe in ein Buch und sende es an die sieben Gemeinden: nach Ephesus und nach Smyrna und nach Pergamon und nach Thyatira und nach Sardes und nach Philadelphia und nach Laodizea. Off. 1, 9ff
Bild die Sternenhand 1,13.16.20
Und ich Johannes sah einen, der war einem Menschensohn gleich. Er hatte sieben Sterne in seiner rechten Hand.
Sie sind Engel der sieben Gemeinden. (1.13.16.20)
Johannes erinnert sich an die Worte Jesu: ich und der Vater sind eins“. In Jesus Christus hat Gott den Himmel mit der Erde verbunden, sozusagen eine Brücke geschlagen.
Alle, die auf Erden zu Jesus gehören, sind Kinder Gottes im Himmel.
• Der Seher Johannes schaut in den Himmel und sieht die für Menschenaugen unzählbaren Völker vor Gott, der sie einzeln kennt und ruft, weil sie zu ihm gehören: "Eine große Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen; niemand konnte sie zählen".
• Wir können das Buch der Offenbarung so lesen, dass darin die Grenze durchlässig gezeigt wird, von der wir meinen, dass sie die Erde zum Himmel hin abgrenzt. Für Flath ist die Offenbarung nicht etwas, was erst kommen wird, sondern es ist eine tiefere Sicht, dass auch im Schweren der Welt, gegen den Augenschein, Gott mitten in der Welt zugegen ist. Im tiefen Glauben wird diese Welt durchlässig.
Kreuz
Das Kreuz Jesu ist daher so etwas wie ein Schlüssel zum Himmel, weil darin die völlige Hingabe Gottes offenbar geworden ist. Wenn Jesus sagt, "Ich und der Vater sind eins", dann sagt er damit, dass in seiner Liebe und Hingabe Gott, der Vater gegenwärtig ist. Aber weil dies in dem Menschen Jesus geschieht, ist es zugleich der Weg, auf dem Menschen aus "allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen" Zugang zum Himmel erfahren.
• Himmel und Erde sind nicht dasselbe. Niemand weiß das besser, als die Offenbarung des Johannes, der mitten "aus der großen Bedrängnis" und der Verfolgung kommt, Auch Flath und die Menschen, die seine Altäre in dieser Zeit sehen, kennen den grausamen Krieg. Und schauen in den Himmel. Und so ist die Offenbarung Gottes auch eine Gegenwartserfahrung mitten im Leid. Dieser Gedanke, dem Otto Flath so nachgehangen hat und auch immer wieder in seinen Aquarellen zum Ausdruck brachte, ist den Menschen abhanden gekommen. Es ist die Erfahrung aller Menschen, die ihr Leben nicht krampfhaft festhalten, sondern sich öffnen für die hingebende Liebe. Für die Liebe, die den Tod nicht scheut. Diese Liebe ist eben immer auch himmlische Gegenwart:
dieser Gott ist der Gott der Gegenwart und des Todes. In Mitten der gekrümmten und verängstigen Menschen erinnert das Kreuz die Verängstigten und die Verfolgten , die Fliehenden und die Gefangenen, die Leidenden und Sterbenden, die Kleingläubigen und die in ihrem Glauben Bedrohten, dass die Macht dessen schon gebrochen ist, der auf Erden Angst und Schrecken verbreitet.
Ich sah um den Thron vier himmlische Gestalten. Die erste Gestalt war gleich einem Löwen.
Die zweite Gestalt war ein Stier
Bild Mensch
Die dritte Gestalt hatte ein Antlitz wie ein Mensch
Bild Adler
Und die vierte Gestalt war gleich einem fliegenden Adler.
Und eine jeder der vier Gestalten hatte sechs Flügel, und sie sprachen: Heilig , Heilig heilig ist Gott der Herr, der Allmächtige, der da war und der da ist und der da kommt. 84,6-8)
Diese vier Gestalten wurden später mit den vier Evangelisten gleichgesetzt. Markus der Löwe, Lukas, der Stier, Matthäus, der Mensch Engel, Johannes der Adler. Die Offenbarung stellt uns Gottes Herrlichkeit vor Augen, damit wir von den Dingen der Welt uns nicht blenden lassen. Alles in der Welt ist vergänglich.
Allein Gott, ist beständig.
Er allein ist allmächtig und ewig und unserer Bewunderung, Verehrung und Anbetung würdig.
Bild das Lamm
"Das Lamm in der Mitte des Thrones wird sie weiden und zu den Quellen führen, aus denen das Wasser des Lebens strömt, und Gott wird alle Tränen von ihren Augen abwischen.“
„ Du bist würdig, zu nehmen das Buch und aufzutun seine Siegel. Offenbarung 5,6-12
Um ein Buch geht es hier, genauer: um das Öffnen eines Buches, das siebenfach versiegelt ist. Darum, dass wir uns öffnen für eine Zeit der Erwartung und für das, was kommen wird, dass wir uns öffnen für den, der kommen wird. Das geheimnisvolle Buch mit den sieben Siegeln – bis heute von uns sprichwörtlich für alles schwer Verständliche gebraucht
Werden jedoch seine Siegel aufgebrochen, dann tun sich Visionen auf.
So wie hier: Gestalten kommen ihm entgegen,
Bild 4 Reiter
Die vier apokalyptischen Reiter auf der zweiten von links und der zweiten von rechts
vier Pferde – Der Anführer auf einem weißen Pferd. Weiß steht für die Sieger. Er trägt den Bogen, die Waffe mit der größten Reichweite. Der zweite Reiter kommt rot daher. Er verbreitet Blut und Zerstörung. In seiner Hand trägt er das Schwert, die Waffe des Nahkampfes. Dann kommt der schwarze Reiter in seiner Hand trägt er die Waage. Er steht für den Hungersnot und das die Waren immer teurer werden. Und schließlich der auf dem fahlen Pferd, der Tod.
Und in ihrem Gefolge geschehen schreckliche Dinge, wird Gericht über die Menschen und die ganze Welt gehalten.Der Seher bricht in Tränen aus, doch einer von den Ältesten tröstet ihn, seelsorgerlich.
Und schließlich sieht er das Lamm.
Bild Das Lamm
Das Lamm nimmt das Buch. Das Lamm, der gekreuzigte Mensch, der Nachkomme Davids, Jesus Christus, der selber das volle Gericht getragen hat, das sich im jagenden Galopp jener Pferde vollzieht, das Lamm enthüllt, was es mit unserer Geschichte und Wirklichkeit auf sich hat,
Bild Die Frau 12,5
Die dämonische Welt, wird dargestellt in der Gestalt der „Drachen“. Und es entbrannte ein Kampf im Himmel. Sie wollen die himmlische Frau verschlingen, doch sie ist geschützt. Sie schenkt das Neue, das Leben selbst, hält das göttliche Kind im Arm. Die Todesursachen können ihm und ihr nichts anhaben.
Er hat den Tod besiegt, mit ihm beginnt die Neue Schöpfung. Das Alte geht, hat keine Macht mehr. Gott selbst aber rettet die, die Kinder des Lichts, durch den Tod hindurch und führt sie zur „Neuen Stadt Gottes“.
Drachenkampf im Himmel
Michael und seine Engel kämpfen gegen den Drachen. Und der große Drache wurde hinausgeworfen. Als Verführer der Erde, als Durcheinanderwerfer, als Diaboli verführt er die Welt.
Bild gesamter Altar.
Am Ende siegt der Christus. Wen dürstet, der komme; und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens, umsonst.
Nach dem Krieg konnten sich die Menschen in den Bildern des Altars spiegeln. Doch die Zeit ging ins Land und die Lebenssituation verbesserte sich und man sah nicht mehr den Christus der heilt, das neue Jerusalem, sondern sah sich gefangen in den Wirren der Welt und dieses dunkle Bild des Altars konnte man nicht mehr ertragen.
Anfang der 80er Jahre wird in die Kirche eingebrochen. Das Altartuch hat man versucht, in Brand zu stecken.
Man ist sich einig, dass nach Abschluss der Renovierung des Gemeindehauses auch das Innere der Kirche einer Renovierung bedarf,
Die wichtigste Frage: Soll der Flathaltar, dessen Thematik und Ausführung immer wieder Anlass zu hitzigen Debatten gegeben hatte, weiterhin den Kirchenraum so beherrschen? Architekt Hein entwickelt eine Lösung, die die Zustimmung aller findet.
►Die beiden Stufen, auf denen der Altar stand, sind verschwunden, so dass um den Altar eine größere Fläche entstanden ist. Die amtierenden Geistlichen kommen der Gemeinde etwas näher; Chöre und Instrumentalgruppen haben mehr Platz.
► Der Flath-Altar wird in den Hintergrund an die Wand gerückt. Er steht jetzt höher auf drei gleichfarbigen dicken Balken, die für eine gewisse Distanz sorgen.
Das Mauerwerk, auf dem der Altar stand, ist jetzt leicht gerundet, mit dunklen Steinen aufgemauert, die dafür sorgen, dass – die wichtigste Änderung – die sieben Glasbilder von ILlo Rauch-Wittlich in kräftigen Farben umso heller aufleuchten. Sie laden ein, das Erschrecken über die apokalyptischen Zustände der Welt im 2. Weltkrieg abzulösen durch Meditationen über die Kernstücke unseres Glaubens:
Weihnachten, die Heilige Schrift, das Abendmahl die Taufe, die Nächstenliebe, und die Gemeinde – dargestellt als Schiff: Das Schiff, das sich Gemeinde nennt. In der Mitte das bekannte Christussymbol, das griechische Chi und Rho. Das wir auch in einem der Kirchenfenster haben.
In einem weiteren Schritt wird die beherrschende Stellung der Flath-Stelen noch stärker zurückgenommen Das dunkle Mauerwerk wird hinter den Stelen nach Oben hin verlängert. zugleich wird ihr Lindenholz leicht gedunkelt, so dass der Kontrast zum Mauerwerk zurückgenommen wird. Der farbliche Gegensatz zwischen Mauerwerk und Wand wird abgemildert:
In Mittelpunkt steht der Glaube an unseren Gott, der sich in Jesus Christus offenbart hat.
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